von Pfarrer Thomas Gruber.
Dann wird es mit dem Himmelreich sein wie mit zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und dem Bräutigam entgegengingen. Fünf von ihnen waren töricht und fünf waren klug. Die Törichten nahmen ihre Lampen mit, aber kein Öl, die Klugen aber nahmen mit ihren Lampen noch Öl in Krügen mit. Als nun der Bräutigam lange nicht kam, wurden sie alle müde und schliefen ein. Mitten in der Nacht aber erscholl der Ruf: Siehe, der Bräutigam! Geht ihm entgegen! Da standen die Jungfrauen alle auf und machten ihre Lampen zurecht.
Die törichten aber sagten zu den klugen:
Gebt uns von eurem Öl, sonst gehen unsere Lampen aus!
Die Klugen erwiderten ihnen:
Dann reicht es nicht für uns und für euch; geht lieber zu den Händlern und kauft es euch!
Während sie noch unterwegs waren, um es zu kaufen, kam der Bräutigam. Die Jungfrauen, die bereit waren, gingen mit ihm in den Hochzeitssaal und die Tür wurde zugeschlossen. Später kamen auch die anderen Jungfrauen und riefen:
Herr, Herr, mach uns auf!
Er aber antwortete ihnen und sprach:
Amen, ich sage euch: Ich kenne euch nicht.
Seid also wachsam! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde.
Matthäus 25, 1-13
Das Evangelium, das Sonntag für Sonntag in allen Kirchen der ganzen Welt vorgetragen wird, kann schon sehr verwirren, wenn es aus dem Zusammenhang gerissen wird. Das heutige ist wieder mal ein solches.
Heute geht es um die klugen und die törichten Jungfrauen, die auf den Bräutigam warten. Dieser kommt zunächst nicht. Deshalb geht einem Teil der Jungfrauen das Öl aus. Sie bitten die anderen, ihnen ein wenig Öl abzugeben. Doch sie bekommen keines!
Wo ist denn da die Solidarität? Das könnte man sich heute bei der Textstelle fragen, nachdem die Klugen die Törichten abgewiesen haben. Gilt Solidarität nicht mehr?
Später wird es noch verwirrender. Die törichten Jungfrauen kaufen schließlich das Öl für ihre Lampen nach, aber als sie inständig um Einlass beim Bräutigam bitten, werden sie schroff abgewiesen. „Amen, amen das sage ich Euch: Ich kenne Euch nicht!“
„Wer bittet, dem wird gegeben, wer anklopft, dem wird aufgetan“, so heißt es doch noch einige Kapitel vorher. Wo ist denn jetzt die Barmherzigkeit und die Vergebungsbereitschaft Jesu gegenüber dem Schwächeren?
Liebe Schwestern und Brüder, sicherlich kann dieses Gleichnis zunächst anstößig wirken. Doch Solidarität und Barmherzigkeit sind keineswegs durch die heutigen Worte abgeschafft.
Das heutige Evangelium will eigentlich nur auf eines hinweisen: Auf die richtige Wachsamkeit für die Begegnung mit Gott.
Jesus will, dass wir ihn nicht verpassen. Das ist das Wichtigste.
Das heutige Evangelium steht bei Matthäus in der letzten der fünf großen Reden, die Jesus hält. Die letzte Rede ist die Endzeitrede und will uns sagen, was wirklich wichtig ist.
Zur Zeit des Evangelisten Matthäus glaubten viele, dass der Weltuntergang bevorstehen würde und sie Jesus bald wirklich wiedersehen werden. Diese Vorstellung haben wir heute nicht mehr; doch die Frage nach dem Wichtigsten bleibt natürlich.
Es gibt ja das schöne Lied: „Wenn Du nur noch einen Tag zu leben hättest“. Letztes Jahr habe ich dieses den Jugendlichen bei der Firmvorbereitung zum Anhören mitgegeben. Mit diesem Lied wurden die Jugendlichen aufgefordert, sich zu überlegen, was sie denn machen würden, wenn sie nur noch einen Tag hier auf Erden zu leben hätten, also in einer „Endzeit“ lebten.
„Was ist denn wichtig?“, fragt Jesus. Was würdest Du machen, wenn Du wüsstest dass morgen dein letzter Tag wäre?
Die Firmlinge antworteten auf diese sehr interessante Frage ganz verschieden und doch immer gleich. Von „liebe Freunde treffen“, „sich nochmals richtig ausreden“ oder „einfach nur schöne Dinge machen“ hörte ich Vieles. Und doch war klar: Es ging immer darum, dass alle dem Leben vertrauen und Freude im Leben verspüren wollten.
Das heutige Evangelium will uns mit Gott und dem Leben verbinden.
Er will, dass wir nicht töricht sind und „das Öl ausgehen“ lassen.
Gott will unser Vertrauen in ihm, damit wir ihm in unserem Leben spüren und so auch wirklich das Leben echt und wirklich (er)leben.
Das Öl im heutigen Evangelium steht für „Lebendigkeit“. Eine Lebendigkeit und Freude, die wir von Gott bekommen.
Der Bräutigam im Evangelium ist dieser Jesus, der uns sagt, dass es sich lohnt zu leben. Dieser Jesus wird uns auch sagen, dass er bei uns ist, wenn Momente uns belasten, in denen wir unser Kreuz tragen müssen. Jesus will immer unsere Aufmerksamkeit, damit er uns auch in den schweren Momenten helfen kann.
Dieses „Öl des Vertrauens und der Freude“ ist nicht mit Worten zu beschreiben. Es ist eine innere Haltung, die uns unsere Augen offenhält für das Schöne in dieser Welt.
Es wäre schade, wenn wir das nicht oder nicht mehr hätten.
Bei diesem Gedanken denke ich an meinen ehemaligen Pfarrer in Traunreut, wo ich meine Kaplanszeit Ende der 90-iger Jahre machte. Er ging damals dann nach Südamerika und wurde Seelsorger für die Armen.
Im Blick auf das Bild vom „Öl der Freude und der Wachsamkeit für Gott“ hat er mir einmal gesagt: Ja, in den Ländern dort, wo ich jetzt bin, erlebt man echt viel Armut, Elend und Leid. Da müssen die Menschen sehr um ihr Überleben kämpfen und die Schicksalsschläge dort sind wirklich gewaltig. Doch trotzdem möchte er nicht mehr zurück, weil dort die Menschen so offen sind für die Freude und den Glauben. Die Menschen dort seien wirklich nicht so satt wie bei uns. Bei „satt“ meinte er, dass bei uns schon so viel Übersättigung und Müdigkeit zu spüren wäre. Bei uns in den reichen Ländern wirke alles so satt. Die ärmeren Länder leben wirklich im Elend, aber so viele hätten sich doch eine echte Lebensfreude erhalten. Das spüre er so sehr, dass er da nicht mehr weg will. Menschen, die nicht in einer übersättigten Gesellschaft leben, trügen doch das Gottvertrauen noch mehr in sich, meinte er.
Sicherlich dürfen wir uns in Europa wirklich glücklich schätzen, dass wir so Vieles erreicht haben, und natürlich gäbe es auch sicherlich bei uns auch Freude und Glauben; doch in den ärmeren Ländern brenne noch mehr dieses Öl der Wachsamkeit für Gott, meinte er.
Das hat mich stutzig gemacht und jetzt erinnert es mich an dieses Evangelium von den Jungfrauen, die uns auf diese Wachsamkeit aufmerksam machen wollen.
Jesus möchte uns heute mit diesem Evangelium auf Wichtiges hinweisen:
Wir Menschen leben immer in der Erwartung auf Gott hin. Das soll jetzt nicht bedrohlich wirken, so als ob ich jetzt sagen würde: Freut euch nicht zu sehr; denn sterben müssen wir alle.
Wir Menschen leben immer „in Erwartung auf Gott“ hin.
Das will sagen: Wir haben ein Ziel und eine Bestimmung, die schön ist. Wenn wir wach für dieses Ziel sind, dann kann die Freude in uns erst richtig wachsen und uns Hoffnung und Kraft geben.