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Schlüssel

von Karl Aimer.

Als Jesus in das Gebiet von Cäsarea Philippi kam, fragte er seine Jünger und sprach:
Für wen halten die Menschen den Menschensohn?

Sie sagten:
Die einen für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für Jeremia oder sonst einen Propheten.

Da sagte er zu ihnen:
Ihr aber, für wen haltet ihr mich?

Simon Petrus antwortete und sprach:
Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes!

Jesus antwortete und sagte zu ihm:
Selig bist du, Simon Barjona; denn nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel. Ich aber sage dir: Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird im Himmel gelöst sein.

Dann befahl er den Jüngern, niemandem zu sagen, dass er der Christus sei.

Matthäus 16,13-20

Vermutlich hat jede/jeder von uns auch jetzt einen oder mehrere Schlüssel bei sich:
Für die Haustür, für‘s Fahrrad oder das Auto. Daheim hängen weitere Schlüssel: Für den Briefkasten, die Garage, das Gartentor, den Keller, und viele weitere. Und wir benutzen täglich noch ganz andere Dinge als Schlüssel, die nur uns persönlich Zugang zu privaten, vertraulichen Orten und Dingen gewähren, wie beispielsweise Bank- und Kreditkarte, Passwörter und Codes für Smartphone oder Computer.

Früher waren Schlüssel oft sehr groß und schwer, heute tragen wir viele Schlüssel nur noch im Gedächtnis mit uns herum. Dennoch sind sie enorm wichtig. Ohne sie würde unser Alltag nicht funktionieren. Sie sorgen für unsere Sicherheit. Nur ich persönlich bekomme durch die Schlüssel Zugang. Schlüssel geben mir dadurch auch Macht.

In der heutigen Lesung und im Evangelium wird dies aus unterschiedlichen Zeiten ebenso geschildert, einmal aus der Zeit Davids, einmal aus der Zeit Jesu.
Der Schlüssel wird dem einen Tempelvorsteher weggenommen, weil er sich nicht als vertrauenswürdig genug dafür erwiesen hat, und dafür einem anderen gegeben.
Und im Evangelium sagt Jesus zu Petrus: „Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben“ – die größte denkbare Ehre. Jesus vertraut Petrus, dass dieser mit der übertragenen Verantwortung gut umgehen wird.

Mit Schlüsseln ist immer auch viel Vertrauen verbunden, das wissen wir auch aus unserer eigenen Erfahrung. Wenn ich in Urlaub fahre, gebe ich meinen Wohnungsschlüssel nur einer Person, der ich wirklich vertraue.

Es gibt aber noch ganz andere Schlüssel, die nicht aus Metall sind oder aus einer Zahlenkombination bestehen. Das sind Schlüssel, die den Zugang zu einem anderen Menschen oder zu mir selbst öffnen: Blicke, Gesten, Worte, Zeit, Geduld, ein offenes Ohr.

Diese Schlüssel hat Jesus wohl in erster Linie gemeint, als er zu Petrus sagte „Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben„. Er hat Petrus damit eine sehr große Verantwortung übertragen und ihm sehr viel Vertrauen geschenkt.

Denn in diesen Schlüsseln liegt sehr viel Macht. Sie können Menschen aus tiefster Trauer und Verzweiflung heraus holen, aber auch hinein stoßen.

Wir, die wir diese Schlüssel zu unseren Mitmenschen auch haben und benutzen, müssen daher sehr bedacht und verantwortungsvoll damit umgehen. Und je mehr Schlüssel ich zur Verfügung habe, desto mehr Macht, und damit auch Verantwortung, habe ich. Wir können damit viel Gutes, aber auch viel Unrecht bewirken.

Wir wissen auch, dass nicht jeder Schlüssel in jedes Schloss passt. Das gilt natürlich auch im Umgang mit Menschen. Wir sollen immer sehr bewusst und auch vorsichtig, bedacht unsere Schlüssel anwenden. Auch im Umgang mit mir selbst, ich bin nicht immer gleich robust, manchmal eben sensibel.

Und manche Schlüssel hat jede/jeder wohl von uns zuhause liegen, die scheinbar nirgendwo passen, die in Vergessenheit geraten sind. Sie haben scheinbar keine Bedeutung mehr. Mir geht es so, dass es mir dennoch schwer fällt, sie wegzuwerfen, denn für irgendetwas waren sie ja einmal wichtig. Im Umgang mit Menschen ist das ähnlich. Wir Menschen sind so verschieden, haben manchmal sehr komplizierte Schlösser, so dass manchmal ein sehr selten benutzter Schlüssel sehr hilfreich sein kann.

So sollen wir die Schlüssel-Worte, -Gesten und -Blicke eben so wählen und benutzen, dass sie ins Schloss des anderen Menschen passen, er damit seine Türe selbst öffnet und sie nicht aufgesprengt wird.

Dabei kann und möge uns Gott immer wieder helfen. Er kann und will das, weil er außerhalb und über unserem Alltag steht, keine persönlichen Interessen und Vorlieben und Abneigungen hat.

ER, ist als guter Gott über uns, er macht uns empfindsam, er hat den Generalsschlüssel für jede/jeden von uns.

Als Schloss sind wir aber manchmal ganz schön widerspenstig.

Dennoch, Gott probiert es mit jeder/jedem von uns immer wieder.