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Fronleichnam 2023

Wie jedes Jahr eine kurze Predigt zu Fronleichnam: Heute trägt sie leicht politische Züge.

Aufhänger und Ausgangspunkt der folgenden Gedanken ist eine Aussage des neuen Abtes der deutschen Benediktiner Abtei „Dormitio“ in Jerusalem, Nikodemus Schnabel. Er sagte zu seinem Dienstantritt vor wenigen Tagen in einem Interview, dass die Religionen und der Glaube wohl in Zukunft wieder eine wichtigere Rolle im Leben der Menschen spielen werden. Er kennt als Bewohner Jerusalems wie kaum ein anderer die Religionsvielfalt und war auch vor kurzem im Auswärtigen Amt der Bundesregierung für religiöse Fragen zuständig. Die Religionen spielen im politischen und gesellschaftlichen Leben wieder eine zunehmend wichtigere Rolle. Dazu hat er gleich zu Beginn seiner Stellungnahme angemerkt, dass Religion und Glaube auch ein gewisses Potenzial an Radikalisierungsenergie haben, wenn sie für Machtansprüche instrumentalisiert werden. Doch er hat gleich dazu gesagt, dass dort, wo die Religion und Glaube fehlen, sich Radikalisierung und Extremisierung zunehmend in den gesellschaftlichen Fundamenten einschleichen werden.

Glaube und Religion bilden im Wesentlichen ein geistiges Koordinatensystem für unsere Gesellschaft, die ohne eines solchen schleichend in Oberflächlichkeit und billigen Pragmatismus abdriften würde. Nur noch rein pragmatischen Interessen – ohne den tieferen Werten – nachzulaufen, würde uns geistig „versanden“ lassen.

Heute an Fronleichnam wird wieder – wie alle Jahre zu diesem Fest – demonstrativ der „Eucharistie“, also dem Leib Christi in der Gestalt der Brothostie, gedacht – ja, sie wird gefeiert! Damit wird auf das geistig geistliche Koordinatensystem in unserer Gesellschaft hingedeutet.

Die Dimension „nach oben“, die in diesem Koordinatensystem aufgespannt wird, besagt: Gott wird Mensch, ja mehr noch, er ist in der Brothostie voll und ganz gegenwärtig. So ist es von Jesus Christus selbst ausgegangen, und damit will er eine innige und zuverlässige Verbindung zu uns. Mit dem Brot des Lebens, dem „Leib Christi“, der Hostie, verankert er uns mit dem Sinn des Lebens, der in Gott wurzelt.

Wenn er sich selbst in der „Brotgestalt“ klein macht und durch die Kommunion in uns eingehen will, heißt das, dass wir engste Verbindung mit ihm haben (können): Wir kommen nicht aus dem Nichts und verschwinden nicht im Nichts am Ende unserer irdischen Tage, sondern wir werden von ihm ernährt und mit Ewigkeit angefüllt. Ewigkeit heißt hier nicht, dass alles ewig dauert, sondern Ewigkeit bedeutet, dass wir zeitlos immer von einer tragenden Liebe erfüllt sein dürfen, auch wenn es nicht immer gleich spürbar ist.

Die Dimension „nach vorne bedeutet: Er ist Brot. Das darf zum Ausdruck bringen, dass wir immer „Nahrung“ brauchen.

Jeder Mensch braucht Nahrung in körperlicher und geistiger Hinsicht. Jeder Mensch ist mit der Suche nach dem Sinn des Lebens verbunden. Durch diese Suche sind wir im Grunde mit jedem Menschen vernetzt. Jeder braucht den Wert inniger Liebe, der einem jeden Menschen seinen letzten Sinn gibt. Die Welt lebt davon, dass sie nicht seelenlos dahinläuft, sondern dass Menschen aus dem Glauben an Gottes Liebe auch immer die anderen mit verantwortungsvoller und tätiger Nächstenliebe weiternährt.

Liebe Schwestern und Brüder, der heutige Tag ist nicht einfach nur bunte Folklore, sondern immer auch ein Hinschauen auf das Koordinatensystem der Liebe Gottes, das dieser Welt ein tieferes Fundament gibt, das der wahren Menschlichkeit dient. Amen.