von Pfarrer Thomas Gruber.
Ihr seid das Salz der Erde.
Matthäus 5, 13-16
Wenn das Salz seinen Geschmack verliert, womit kann man es wieder salzig machen? Es taugt zu nichts mehr, außer weggeworfen und von den Leuten zertreten zu werden.
Ihr seid das Licht der Welt.
Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben. Man zündet auch nicht eine Leuchte an und stellt sie unter den Scheffel, sondern auf den Leuchter; dann leuchtet sie allen im Haus.
So soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Taten sehen und euren Vater im Himmel preisen.
„Ich liebe dich wie das Salz!“
Mit diesem Satz erzürnte die dritte Tochter ihren Vater, den König eines mächtigen Reiches.
„Ich liebe dich wie das Salz“, sagte diese Königstochter, nachdem – gemäß einer kleinen Geschichte – ein König allen seinen drei Töchtern gesagt hat: „Ich gebe derjenigen mein Königreich zum Erbe, welche mich am meisten liebt.“
Die erste Tochter bekam dann auch das Reich, als diese ihren Vater mit den Worten umgarnte: „Ich liebe dich wie das Gold“, und damit ihre nächstjüngere Schwester, die Zweitgeborene, ausstach, die mit ihrem Satz: „Ich liebe dich wie das Silber!“ nicht mehr punkten konnte. Doch der dritten Tochter gegenüber hatte der Vater nur Verachtung übrig, weil diese ihre Liebe nur mit dem Vergleich mit dem Salz auszudrücken vermochte. Als die jüngste Tochter daraufhin aus dem Königshaus verstoßen wurde, half ihr jedoch (in dieser Geschichte) eine Zauberin. Sie ließ zwar alles zu Gold werden, was der König anrührte. Doch das Salz verschwand völlig aus dem Königreich. Selbst im letzten Winkel des Reiches war kein Salzkörnchen mehr aufzutreiben. Dies hatte zur Folge, dass alles im Goldglanz nur so protzte. Doch das Leben „starb“: Kein Essen schmeckte mehr, die Stimmung im Königreich war am Boden, und das Leben kam langsam völlig zum Erliegen.
Liebe Schwestern und Brüder!
„Ich liebe Dich wie das Salz“. Diese kleine Anfangsgeschichte will darauf aufmerksam machen, welch besondere Bedeutung dem Bildvergleich Jesus im heutigen Evangelium zukommt:
Ihr seid das Salz der Erde.
Matthäus 5,13
Nicht erst seit dem gerade erzählten Märchen, sondern seit Menschengedenken weiß man, dass das Salz wesentlich bedeutsamer ist als alle Reichtümer der Welt. Und wenn man sich an den Biologieunterricht zurückerinnert, findet man schnell heraus, welch lebenswichtige Bedeutung das Salz in der gesamten Natur, im Reich des Lebendigen hat: Denn ohne „Osmose“, also dem Austausch von salzigem und nicht salzigem Wasser, würde das Leben nicht gehen. Salz ist überall, es mischt sich schier unauffällig in das Ganze des Lebens ein. Ohne Salz wäre alles fad, geschmacklos und schließlich tot.
Ihr seid das Salz der Erde
Ein sehr bekannter Spruch aus der Bibel. Doch gerade weil er schon so „abgegriffen“ ist, hat er vielleicht schon wieder an Aussagekraft (ja an Geschmack) verloren. Er steht am Anfang der Bergpredigt, gleich nach den Seligpreisungen und unmittelbar vor dem Bildvergleich „Ihr seid das Licht der Welt“. Dieser Vergleich macht deutlich, dass der Glaube eine wahnsinnig tiefgehende Bedeutung hat.
Jesus möchte in der Bergpredigt mit all seinen Worten den Glauben als eine innige tiefe alles durchwirkende Kraft herausstellen. Dabei ist der Bildvergleich mit dem Salz einer der besten, den Jesus je gemacht hat. Das Christentum, der Glaube an Jesus Christus, hat die Qualität des Salzes, so die dahinterstehende Botschaft. Der Glaube hat nicht die Qualität des Goldes. „Silber und Gold haben wir nicht“, sagen die Apostel in der Apostelgeschichte, als sie vom Glauben an Jesus Christus erzählen. Das heißt: Der Glaube ist nicht in erster Linie äußerlicher Glanz. Der Glaube ist mit Geld nicht aufzuwiegen.
Der Glaube geht – wie das Salz – in jede einzelne Zelle meines lebendigen „seelischen Gewebes“. Der Glaube hat die Eigenschaften des Salzes, nicht des Goldes. Glaube ist nicht Show oder „zur Schaustellung“. „Der Glaube berührt den Geschmack“. Ich möchte damit nicht ausdrücken, dass unser Glaube nur Geschmacksache sei, sondern dass der Glaube irgendwie durch den „Magen“, also durch alle Regionen unseres seelischen Daseins, geht. Der Glaube macht das Leben geschmackvoll, der Glaube gibt dem Leben tiefen Sinn und damit Geschmack.
Der Glaube hat wie das Salz eine besondere Art von Kraft.
Es heißt, “Wenn das Salz seinen Geschmack verliert, womit kann man es wieder salzig machen?“ Im Evangelium steht dazu wortwörtlich: „Wenn das Salz „töricht“ wird, womit …“ Das Wort „töricht“ greift schon das Ende der Bergpredigt auf. Da heißt es: „Wer meine Worte hört und nicht danach handelt, ist wie ein „törichter“ Mann, der sein Haus auf Sand baute.“ (Mt 7,22). Das stellt noch stärker die Wirkkraft des Salzes bzw. des Glaubens heraus: Glaube ist Fundament und Basis wie das Salz in der Welt. Der Glaube salzt das Leben, und der Glaube ist dann überall. Und er geht förmlich unter die Haut.
Die Lesung aus Jesaia spricht in einfachen Worten von den guten Taten, die der Glaube wie das Salz die Welt durchdringt, wenn es da heißt: „Brich dem Hungrigen dein Brot und die im Elend sind, führe ins Haus. Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entziehe dich nicht!“ (Jes 58,7). Diese Worte erinnern schon an das Ende des Matthäusevangeliums, wo es heißt „Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt das habt ihr mir getan.“ (Mt 25)
Der Glaube belebt uns und treibt uns an wie das Salz (in der biologischen Welt). Nicht wie das Gold bewegt uns der Glaube, also nicht aus eigener Gier oder um alles zur Schau zu tragen, tun wir unsere guten Taten dem Nächsten gegenüber (Mt 6,2).
Natürlich:
Wie das Salz muss der Glaube gut „dosiert“ verwendet werden. Man darf mit dem Glauben dem Anderen das Leben nicht versalzen. Aber: Der Glaube darf ja und muss ab und zu auch brennen dürfen, auch auf den Wunden unseres Lebens. Wie oft begegne ich Menschen, die seelisch verwundet sind und den Glauben beginnen zu umgehen. Eben wie der Glaube unangenehm in den Wunden meines gescheiterten Lebens brennen kann.
Der Glaube ist wie das Salz!
Liebe Schwestern und Brüder,
im Märchen fand der König langsam zur Einsicht, dass die Liebe am besten und am ehrlichsten mit dem Salz zu vergleichen ist. Lassen wir uns jeden Tag auf den Glauben ein, damit er wieder mehr unsere Familien, unsere Gesellschaft ja unser ganzes Leben durchwirkt wie das Salz.
Amen.