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Pilger der Hoffnung sein – Motto des Heiligen Jahres 2025

von Pfarrer Thomas Gruber.

Hoffnung ist ein Bodenschatz des Glaubens und damit unserer Seele. Hoffnung ist meist nur in Bewegung zu entdecken. Eine ausgezeichnete Quelle im Kirchlichen Leben dazu bildet die Enzyklika „SPE SALVI“ von Papst Benedikt:

Der Himmel ist nicht leer. Das Leben ist nicht bloßes Produkt der Gesetze und des Zufalles der Materie, sondern in allem und zugleich über allem steht ein persönlicher Wille, steht Geist, der sich in Jesus als Liebe gezeigt hat.

Gregor von Nazians

In der antiken Glaubensvorstellung waren die Menschen nur Spielbälle der Götter. Die Christliche Hoffnung stellt sich entschieden einer solchen sarkastischen und menschenverachtenden Glaubensvorstellung entgegen.

Der Hebräerbrief schreibt:

Glaube ist Substanz dessen, was man erhofft. Der Beweis oder Argument von Dingen, die man nicht sieht.
(Est autem fides sperendarum substantia rerum, argumentum non apparentium)

Oft übersetzt mit:
„Feststehen in dem, was man erhofft. Überzeugt sein von dem, was man nicht sieht.“ (siehe Luther)

Aber schon Thomas von Aquin spricht von der Hoffnung als einen dingfesten „Habitus“, etwas bleibendes substantielles Innewohnendes.

Hoffnung auf das „EWIGE LEBEN“. Das gibt uns der Glaube. Der Glaube (bei der Taufe) will nicht nur die Gotteskindschaft und die Gemeinschaft in der Kirche zum Ausdruck bringen, sondern auch besonders die Dimension „Echter EWIGKEIT“. Hoffnung auf „Ewiges Leben“ ist nicht „immerfort und ohne Ende in der Dauer“ währendes Leben. „Ewige Endlosigkeit“ wäre irgendwie erschreckend. Ein Leben ohne den „Geschenkcharakter von oben“ wäre unerträglich. Das Ewige Leben ist nicht „breit“, sondern auch „tief und hoch“.

Die Unsterblichkeit wäre mehr eine Last als eine Gabe, wenn nicht die Gnade in sie hineinleuchten würde. Ambrosius in der Grabrede für seinen Bruder Satyrus sagte: „Es ist das Eintauchen in den Ozean der unendlichen Liebe, in dem es keine Zeit, kein Vor- und Nachher mehr gibt.“ Augustinus spricht in seinem Brief an Proba: „Das Ewige Leben führt uns an das Glück heran, das in diesem Leben schon anwesend ist, und doch erst nach dem Tod zum endgültigen Erstrahlen kommt.“ Augustinus zitiert dabei den Psalm 144,15: „Selig das Volk, dessen Gott der Herr ist. Damit wir zu diesem Volk gehören und zum immerwährenden Leben mit Gott kommen können, darum ist das Ziel der Gebote: Liebe aus reinem Herzen und gutem Gewissen.“ (siehe dazu 1 Tim 1,5).

Daraus können wir die Welt gestalten. Hoffnung ist keine Flucht. Man stielt sich nicht aus der Verantwortung für die gegenwärtige Welt. Bernhard von Clairvaux hat das Klosterleben des 12. Jhdt. nicht als ein Weglaufen von der Welt – weg in das Kloster hinein – gesehen. Für ihn war das Klosterleben die höchste Verantwortlichkeit für diese Welt. Hier ist das „judenchristliche Paradigma“ der positiven Sicht auf die Arbeit in der Welt hervorgehoben. Die Arbeit wurde bei den Christen hoch geschätzt und verband sich eng mit der christlichen Hoffnung und Verantwortung für die Welt.

Später hat es auch eine sehr individualistische Vorstellung von Hoffnung gegeben. Das hat man stark kritisiert. Christliche Hoffnung war oftmals zu vertröstend auf eine „spätere Welt“ hin. Doch die Geistesentwicklung hat in der Neuzeit die christliche Hoffnung oft „verballhornt“ und äußerst eingeschränkt gesehen. Man wollte sich vom Glauben der Kirche absetzen, um wieder Hoffnung für diese Welt zu haben.

Francis Bacon z. B. sah in der Wissenschaft, die endlich in die Praxis umgesetzt wird, die neue Zeit voller Hoffnung auf Besserung für diese irdische Welt. Der Glaube der Kirche sei dabei ein großes Hindernis für den Wissenschaftsglauben und behindere diesen mit abergläubischen Zwängen. Das „verlorene Paradies“ würde mit dem Wissen und der Vernunft wieder hergestellt. Damit wird der Glaube jetzt in dieser Welt unwichtig. Glaube an den Fortschritt wird wichtig. Die Wissenschaft schafft das neue Reich der Menschen.

Doch dieser „Fortschrittsglaube“ hat sich nicht immer als human erwiesen. Gerade als dann Zeitdruck eintrat. Der Fortschrittsglaube führte zu Revolution(en), was auch zu immensen und unnötigen Opfern („Kollateralschäden“) führte. Die Französiche Revolution hat den Menschen neue Freiheit verliehen, aber die Kollateralschäden waren immens und zeigen das hoch Defizitäre dieser Vorstellung. Kant formulierte noch, um den Gedanken der Aufklärung und der neu gewonnenen Freiheit zu retten: „Der allmähliche Übergang des Kirchenglaubens zur Alleinherrschaft des reinen Religionsglaubens ist die Annäherung des Reiches Gottes.“ Doch der Marxismus hat den Fortschrittsglauben schließlich endgültig „politisch“ (und damit „totalitär“ und einseitig) gemacht, so als ob der Mensch nur noch ein Produkt der ökumenischen Zustände wäre. So als ob das „neue Jerusalem“ (der Fixstern unseres Heiles) die Vergesellschaftung der Produktionsmittel wäre.

Das Ergebnis dieses Fortschrittsglaubens ist bekannt. Die Diktatur des Proletariats hat zwischenzeitlich wieder die Freiheit förmlich total „aufgefressen“ und den Menschen als freies Wesen, das auch fehlen kann, völlig vergessen. Wir wissen alle um die Grenzen des Fortschrittsglaubens. „Von der Steinschleuder zur Atombombe“. So unendlich dankbar wir für die Fortschritte z. B. in der Medizin sind, dies allein hat uns aber noch nicht das ewige Glück und „das Heil der Welt“ gebracht.

Das Heil der Welt, oder besser die „Heilung der Welt“, hat die wahre Freiheit des Menschen in seiner ganzen Tiefe zu ergründen!

Die menschliche Freihat braucht ein Miteinander! Das Miteinander kann aber nicht gelingen, wenn es nicht von einem gemeinsamen inneren Maß bestimmt wird, das Grund und Ziel unserer Freiheit ist. Damit kommen wir auf den Gedanken zurück der am Anfang schon zum Ausdruck kam: DER MENSCH BRAUCHT GOTT! Freiheit und Hoffnung sind die höchste Erfahrung von Gemeinschaft. Sie sind Sehnsuchtspunkte der Zukunft.

Antoine de Saint -Exupéry wird oft mit dem Satz zitiert:

Willst du einem Menschen das Schiffebauen lehren, dann gib ihm nicht zuerst Holz, Hammer und Nägel, sondern die Sehnsucht nach dem „Meer“

Das „Meer“ des Lebens ist die innere Zuneigung zu Gott.

Die Hoffnung im Innersten ergeht sich nicht in einfachen irdischen Wünschen alleine! David Steindl-Rast OSB sagte einmal: „Hoffnung ist das Offensein für das Unerwartete“. Dieser Satz spricht von der grandiosen Freiheit, die sich absetzt von dem zu „einfältigen“ Fortschrittsglauben der Neuzeit. Er spricht vom „Offensein“ für den Sinn, der in Jesus Christus in die Welt unüberbietbar in die Welt eingetreten ist. Damit wird auch der bekannte Satz von Václav Havel einleuchtender: „Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass alles seinen Sinn hat, egal wie es ausgeht“.

Sinn hat alles, weil Gott alles in der Welt tragen, ja „ertragen“ will und uns in unseren „Zweifelmomenten“ damit Halt geben kann.